Niedersachsen

Wahlkreis 42 Stadt Hannover II

Wahlkreis 42 Stadt Hannover II

Antworten von Swantje Michaelsen (Grüne), Robert Reinhardt-Klein (FDP) und Maren Kaminski (Linke)

Verkehrspolitik zur Bundestagswahl: Was sagen die Direktkandidierenden im Wahlkreis Stadt Hannover II?

Am 23. Februar 2025 steht die Bundestagswahl an. Diese Wahl wird auch darüber entscheiden, wie sich die Verkehrswende in den nächsten vier Jahren weiterentwickeln wird. Die Fragen, die sich der Bundestag dafür stellen muss, betreffen zum Teil sehr konkret die Region Hannover. Deshalb haben wir die Direktkandidierenden von SPD, CDU, Grüne, FDP und Linke aus allen vier Wahlkreisen in der Region gefragt, wie sie sich zu wichtigen verkehrspolitischen Fragen bei uns vor Ort positionieren. Aus dem Wahlkreis 42 Stadt Hannover II haben Swantje Michaelsen (Grüne), Robert Reinhardt-Klein (FDP) und Maren Kaminski (Linke) unsere Fragen beantwortet.

1. Frage: Bahnprojekte

In der Region Hannover sind auf Bundesebene mehrere wichtige Bahnprojekte geplant, darunter die Aus- und Neubaustrecken nach Hamburg und Bielefeld sowie der Ausbau des Knotens Hannover. Wie werden Sie sich im Bundestag dafür einsetzen, dass diese Projekte umgesetzt werden?

Swantje Michaelsen (Bündnis 90/Die Grünen):
Um die Klimaschutzziele einzuhalten, müssen wir sehr viel Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern. Diesen Verlagerungszielen müssen die Strecken genügen.

Dabei sind die Strecken nach Bielefeld und Hamburg sind für den Personen- und Güterverkehr ohne Frage von bundesweiter Bedeutung. Bei Planungen müssen aber auch die Bedarfe und Interessen der Kommunen vor Ort beachtet werden. Dabei setzen wir Grüne uns für die Bedürfnisse der Menschen ein: mehr Lärmschutz, bessere Bahnübergänge sowie neue Über- und Unterführungen. Und: wir nehmen auch den Nahverkehr in den Blick, denn von einem besseren Nahverkehr profitieren die Menschen konkret in ihrem Alltag. Bei Vorliegen verschiedener Trassenvarianten müssen diese zudem auf Kompatibilität mit den Klima- und Verlagerungszielen sowie Umwelt – und Naturschutz überprüft werden.

Als GRÜNE haben wir in dieser Wahlperiode für die Finanzierung der Sanierung und des Ausbaus der Bahn gekämpft. Mit dem Aufbrechen des Kreislaufs „Straße finanziert Straße“ ist es uns gelungen, deutlich mehr Geld als je zuvor in die Schiene zu investieren. In der nächsten Wahlperiode müssen wir jetzt auch beim Thema Ausbau vorankommen. Dafür braucht es eine solide Finanzierung, einen ehrlichen vernünftigen Austausch vor Ort und endlich Maßnahmen, die zeigen, dass es vorangeht.

Robert Reinhardt-Klein (FDP):
Ich sehe den Ausbau und die Modernisierung der Schieneninfrastruktur in der Region Hannover als eine zentrale Aufgabe, um die Mobilität der Zukunft zu sichern, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu stärken und zugleich einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Die Aus- und Neubaustrecken nach Hamburg und Bielefeld sowie der Ausbau des Knotens Hannover sind essenzielle Projekte, um den Schienenverkehr leistungsfähiger und attraktiver zu gestalten. Ich werde mich für eine verlässliche Finanzierung, beschleunigte Planungsprozesse und den Einsatz moderner Technologien einsetzen. Bürgerbeteiligung und der enge Austausch mit lokalen Akteuren sind für mich entscheidend, um diese Projekte effizient und im Interesse der Region voranzubringen. Ein Ausbau im Bestand hat tendenziell mehr Priorität als ein Neubau.

Maren Kaminski (Die Linke):
Im Bundestagswahlprogramm 2025 fordert DIE LINKE eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und einen Ausbau des Bahnnetzes, darin wird nicht weiter auf einzelne Projekte Bezug genommen. Im Landtagswahlprogamm 2022 hat DIE LINKE. Niedersachsen eine bessere Hinterlandanbindung der Nordseehäfen gefordert und sich dafür die Option der sog. Y-Trasse offen gehalten: "Selbstverständlich kommt dafür auch der Bau neuer Trassen in Frage, die Orte erschließen würden, die bislang über keinen Schienennetzanschluss verfügen." Der Kreisverband DIE LINKE. Region Hannover hatte sich im September 2024 auf einer Mitgliederversammlung grundsätzlich für die Neubaustrecke Hannover-Bielefeld ausgesprochen.

2. Frage: West- und Südschnellweg

Zwei kontrovers diskutierte Straßenprojekte des Bundesverkehrswegeplans in der Region Hannover sind der Ausbau des Westschnellwegs und des Südschnellwegs. Wie positionieren Sie sich zu diesen Projekten?

Swantje Michaelsen (Bündnis 90/Die Grünen):
Mit dem Ausbau des Südschnellweg wird eine Planung umgesetzt, die aus der Zeit gefallen ist. Die zu mehr statt weniger Autoverkehr beiträgt. Die das Klimaschutzgesetz ignoriert. Die die Pläne und Beschlüsse von Stadt und Region Hannover für Verkehrswende und Klimaneutralität 2035 konterkariert. Der Südschnellweg soll im Bereich der Leinemasch fast doppelt so breit werden, sodass 10.000 Autos mehr über den Südschnellweg fahren können. Dafür wurden – und werden – Bäume gefällt und die Leinemasch auf Jahre zu einer großen Baustelle.

Angesichts der Klimakrise, angesichts nicht erreichter Ziele im Verkehrsbereich, angesichts der Belastungen für Mensch und Umwelt ist für mich klar: Verkehr und Mobilität müssen klimaverträglich werden. Da dürfen Sanierungsprojekte nicht länger zu breiteren Straßen mit höheren Kapazitäten führen. Ein Runder Tisch im Niedersächsischen Verkehrsministerium hat jedoch im vorletzten Jahr die Chance verstreichen lassen, eine Planungsänderung für den Abschnitt in der Leinemasch zu finden. Dabei wäre es möglich gewesen.

Die Ignoranz gegenüber der Klimakrise und des Festhaltens an einer Planung von vorgestern wider besseres Wissen zeigt: wir brauchen den entschlossenen Einsatz für Gesetze und Regeln, die Klimaschutz endlich angemessen berücksichtigen. Dafür werde ich mich auf Bundesebene weiter einsetzen.

Für die Erneuerung des Westschnellwegs fordern wir daher eine echte Sanierung – ohne Verbreiterung. Wo möglich, muss erhalten und repariert werden. Auch Ersatzbauten dürfen nicht für eine Verbreiterung benutzt werden. Natürlich sollen städtebauliche Potenziale genutzt werden, z.B. wenn durch einen Deckel neue Grünflächen geschaffen werden können. Und nicht zuletzt müssen die Klimaziele und die Verkehrswendeziele der Stadt, der Region, des Bundes (Klimaschutzgesetz; auch E-Klima der FGSV) in die Planung einbezogen werden. Die Verkehrssicherheit gilt es durch Geschwindigkeitsreduktion zu erhöhen

Robert Reinhardt-Klein (FDP):
Der Ausbau des Westschnellwegs und des Südschnellwegs ist aus meiner Sicht essentiell und mit höchster Priorität voranzutreiben, da sie wichtige Infrastrukturprojekte sind. Der Westschnellweg ist eine der zentralen Verkehrsachsen Hannovers und spielt eine entscheidende Rolle für die Anbindung von Pendlern an Hannover und die umliegenden Kommunen. Der Südschnellweg ist für den regionalen und überregionalen Verkehr unerlässlich. Hier ist insbesondere die Sanierung der bestehenden Infrastruktur dringend notwendig, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Ein Ausbau sollte darauf abzielen, Staus zu reduzieren und den Verkehrsfluss zu optimieren, ohne dabei unnötig viel Fläche zu versiegeln oder Umweltbelange zu vernachlässigen. Innovative Lösungen wie intelligente Verkehrsleitsysteme müssen hierbei unterstützen.

Grundsätzlich setze ich mich für eine nachhaltige und zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur ein. Dazu gehört auch die Priorisierung von Projekten, die einen messbaren Nutzen für Wirtschaft und Gesellschaft bringen. Gleichzeitig darf der Ausbau von Straßen nicht isoliert betrachtet werden. Es braucht eine umfassende Mobilitätsstrategie, die auch den ÖPNV, den Radverkehr und moderne Technologien wie autonomes Fahren einbezieht.

Maren Kaminski (Die Linke):
Im Bundestagswahlprogramm 2025 fordert DIE LINKE. „Mobilität für alle“, eine „konsequente Mobilitätswende“, die in den „Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und des Schienennetzes sowie günstige Ticketpreise“ beinhaltet. Auf die Situation in Hannover angewandt ist also klar, dass ein Ausbau von Westschnellweg und Südschnellweg keine Lösung für den Staufrust der PendlerInnen ist. DIE LINKE. Basisorganisation Döhren-Wülfel sieht die Kapazitätserweiterung des Südschnellweges sehr kritisch, besteht auf der Beibehaltung der bisherigen Maximalgeschwindigkeit von 80 km/h und plädiert insbesondere für eine Schnellbusverbindung zwischen dem P+R-Hub in Wettbergen mit Döhren und Anderten, als Süd-Tangente des ÖPNV in Hannover.

3. Frage: Sichere Schulwege

Damit Kinder selbstständig zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule kommen können, sind sie auf ein sicheres Umfeld im Straßenverkehr angewiesen. Welche Möglichkeiten sehen Sie, Kommunen vor Ort mehr Gestaltungsspielräume für sichere Schulwege zu ermöglichen?

Swantje Michaelsen (Bündnis 90/Die Grünen):
Das von uns erkämpfte neue Straßenverkehrsrecht ermöglicht es, dass Kommunen in Sachen Schulwegsicherheit einen riesigen Schritt nach vorne gehen können. Seit Oktober gilt die neue StVO - Kommunen können jetzt loslegen. In den nächsten Wochen wird die neue Verwaltungsvorschrift zu StVO beschlossen und letzte Fragen der Kommunen zu den neuen Handlungsspielräumen beantworten.

  • an Hauptverkehrsstraßen kann nun Tempo 30 angeordnet werden, wenn es sich um "hochfrequentierte Schulwege" (auf Basis von Schulwegplänen) handelt. Ein Nachweis einer "qualifizierten Gefahrenlage" ist nicht mehr nötig. Schüler*innen werden so durch langsamere Geschwindigkeiten geschützt.
  • auch im Umfeld von Schulen wird es nun leichter, deutliche Verbesserungen für die Verkehrssicherheit von Schüler*innen zu erreichen, weil Flächen bei Bedarf zugunsten des Fuß- und Radverkehrs umverteilt werden können. Dazu gehören auch verbindende Elemente, wie Querungshilfen wie Zebrastreifen, vorgezogene Gehwegnasen, oder Mittelinseln. Dies ermöglichen die neuen Ziele im Straßenverkehrsgesetz: Klima- und Umweltschutz (Verkehrsverlagerung auf aktive Mobilität und ÖPNV), Gesundheit (Förderung aktive Mobilität) oder städtebauliche Entwicklung (Aufenthaltsqualität, etc.), die in entsprechenden Verkehrskonzepten dargelegt werden müssen.
  • Für Querungen des Fußverkehrs wurden auch die Voraussetzungen zur Anordnung von Fußgängerüberwegen (Zebrastreifen) insofern vereinfacht und verbessert, dass ebenfalls der Nachweis der "qualifizierten Gefahrenlage" entfällt. Wichtig für den Fußverkehr wird auch die Formulierung in der VwV-StVO, nach der Fußgängerüberwege in Zukunft durch angeordnet werden sollen, wo Querungsbedarf des Fußverkehrs besteht. Bisher waren noch explizit "zumutbare Umwege" für den Fußverkehr bei der Anordnung möglich.

Darüber hinaus gibt es weitere Verbesserungen für die Schulwegsicherheit, die wir für eine nächste StVO-Novelle fordern. Dazu gehören insbesondere Schulstraßen, also temporär (zu Öffnungs- und Schließzeiten) oder permanent für den Kfz-Durchgangsverkehr gesperrte Straßenabschnitte im direkten Umfeld der Schultore. Wir halten es zudem für sinnvoll und notwendig, die Entscheidung für Tempo 30 innerorts komplett in die Hand der Kommunen zu legen.

Robert Reinhardt-Klein (FDP):
Diese Frage erfordert eine etwas ausführlichere Antwort, da mehrere Ansätze berücksichtigt werden müssen:

  1. Stärkung der kommunalen Entscheidungshoheit: Kommunen sollen ihre Befugnisse nutzen, eigenständig Tempo-30-Zonen einzurichten, wo es im Sinne eines sicheren Schulweges Sinn ergibt, insbesondere in der Nähe von Schulen und Kindergärten. Der Bund sollte dabei keine unnötigen bürokratischen Hürden aufbauen.
  2. Förderung moderner Verkehrsinfrastruktur: Der Bund kann finanzielle Mittel bereitstellen, um innovative Ansätze wie sichere Übergänge, Fußgängerinseln und intelligente Ampelsysteme zu fördern. Dabei könnten Kommunen über Förderprogramme einfacher auf diese Mittel zugreifen.
  3. Beteiligung der Anwohner und Schulen: Es sollte den Kommunen erleichtert werden, gemeinsam mit Eltern, Lehrern und Schülern maßgeschneiderte Konzepte für Schulwege zu entwickeln. Beteiligungsprozesse könnten durch einfache Richtlinien unterstützt werden.
  4. Vernetzung und Digitalisierung: Smarte Verkehrslenkung und digitale Technologien, wie verkehrsberuhigende Maßnahmen oder Apps zur Routenplanung für Kinder, könnten von Kommunen gefördert werden. Dafür braucht es aber den Zugang zu Bundesmitteln und eine erleichterte Umsetzung vor Ort.

Ein sicherer Schulweg ist nicht nur ein verkehrspolitisches, sondern auch ein bildungspolitisches Anliegen, das die Selbstständigkeit und Mobilität unserer Kinder fördert.

Maren Kaminski (Die Linke):
Um die Sicherheit von FußgängerInnen und Fahrradfahrenden im Straßenverkehr zu erhöhen, ist die Ausweißung von Tempo-30-Zonen ein gutes Mittel. DIE LINKE. fordert im Bundestagswahlprogramm 2025, dass Tempo 30 innerhalb von Ortschaften Pflicht wird, außer auf den Hauptverkehrsachsen. Direkt vor Schulen lassen außerdem sog. „Schulstraßen“ ausweisen, durch die sich der Hol- und Bringverkehr durch PKW der Eltern unterbringen lässt. Dirk Tegtmeyer hatte als Kommunalpolitiker diese Forderung in Gehrden unterstützt.

 

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