Hier startet gerade unser Blog – kinderleicht mobil. Patricia verrät darin ihre Eindrücke aus dem Familienalltag ohne Auto. Link zur aktuellen Ausgabe.
Wenn man morgens mehrere Kinder rechtzeitig auf den Weg bringen will, braucht man einen Plan. Bei uns hat jedes Schulkind tatsächlich seine eigene Aufbruchszeit – das hat sich über die Jahre so ergeben. Hat den Vorteil, dass der Garderobenbereich nicht aus allen Nähten platzt – in einer Großfamilie muss man pragmatisch denken ;-)
Bezogen auf unsere Alltagsorganisation werde ich oft von anderen Müttern oder Vätern gefragt: „Wie machst du das bloß? Und dann noch ohne Auto?“ Wenn ich morgens zur Rush Hour mal an unserer Grundschule vorbeikomme und die Autokarawane vor der Schule sehe, denke ich: „Wie schafft ihr das? Woher nehmt ihr die Zeit für den Chauffeurdienst an eurem Kind?“
Meine Arbeit beschränkt sich morgens aufs Wecken. Während die Kinder sich fertigmachen, bereite ich Butterbrotdosen vor. Es gibt eine gemeinsame Frühstücksrunde und wer los muss, geht los. Das war´s - und weiter im Programm.
Der Älteste fährt mit dem Bus zur weiterführenden Schule – er könnte in dem morgendlichen 10-Minuten-Takt auch ein oder zwei Verbindungen später nehmen, aber um diese Uhrzeit trifft er seine Kumpels - das holt ihn immer pünktlich aus dem Bett. Die Tochter nimmt einen kleinen Umweg in Kauf und trifft sich an der Straßenecke mit ihren Freundinnen, um dann an der Straße auf glattem Belag zur Schule zu rollern. Und unser Drittgeborener nimmt den direkten Weg durch unser Wäldchen, auf einem gut frequentierten Weg, weshalb ich eher von Park als Wald reden möchte. Wenn es jetzt morgens noch eher dunkel ist (aber durch die Zeitumstellung hatten wir da erst einmal wieder ein paar Wochen gewonnen), begleite ich ihn dieses Stück und biege danach an der Straßenkreuzung mit den Kindergartenkindern ab – so hat er es sich gewünscht und wir haben diesen Kompromiss gefunden.
Doch wie wird ein Kind so eigenständig im Straßenverkehr, dass es den Weg zur Schule sicher meistert? Wie es bei uns gelaufen ist, erfahrt ihr im nächsten Beitrag…
Gerade der Schulweg, wenn er denn sichere Straßenverhältnisse bietet, ist eine gute Möglichkeit, Kindern das eigenständige Bewegen im Straßenverkehr zu vermitteln, denn schließlich geht es um rund 200 Schultage im Jahr, an denen immer wieder der gleiche Weg hin und zurück bewältigt werden muss. Da kennt man irgendwann jede Gehwegplatte mit Namen... Und Routine wiederum gibt Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten, um auch kompliziertere Situationen im Straßenraum zu meistern.
Etwas (mehr oder weniger) Arbeit kostet es natürlich am Anfang, den Nachwuchs in diese neue Mobilität zu begleiten, aber dafür fällt wiederum auch dem „Sorge“-Berechtigten das Loslassen leichter –Es ist ein Wachsen auf beiden Seiten!
Unser erstes Schulkind habe ich in den ersten Wochen nach der Einschulung - mein Fahrrad schiebend - zu Fuß zur Schule und von der Schule nach Hause begleitet. Die anderen (damals Kindergarten-) Kinder saßen im Fahrradanhänger und -kindersitz und von der Schule ging es dann gleich weiter zur Kita. Da es aber nicht so einfach ist, morgens alle auf einen Schlag losgehfertig zu haben, die Schule aber pünktlich beginnt, ergab es sich, dass mein „Großer“ sich schon einmal auf den Weg machte und ich ihn dann auf dem Weg wieder einholte. Nach und nach wurden diese Einholmanöver immer ausgeprägter – ich sah ja, dass er sich zielstrebig bewegte, an Straßenquerungen sich gut absicherte, bevor er hinüberging – und die Aufregung sank. Der Schritt, dass er dann ab den Herbstferien (alles in allem also nach zwei Monaten Schulwegbegleitung) alleine ging, war dann wiederum nur ein kleiner, aber ein großer für den Rest der Familie ;-)
Meine Tochter wiederum kannte den Weg ja schon durch die Begleitung noch als Kindergartenkind und sie war sehr stolz, schon ab dem dritten Tag den Weg alleine zu bewältigen. Für den Rückweg besprachen wir, dass die beiden Grundschüler nicht aufeinander warten sollten. Denn es gibt im Stundenplan immer mal lange oder kurze Tage und so wurde vermieden, dass einer wartet, obwohl der andere eine Stunde länger hat oder schon unterwegs ist. Meistens trafen sie sich irgendwann sowieso unterwegs.
Als das dritte Kind zur Schule kam, stellte es sich heraus, dass er längere Begleitung brauchte. Er ließ sich eher von der Umgebung ablenken und blieb bei einem interessanten Stein oder Schaufenster auch mal gedankenverloren stehen. So kam es, dass ich ihn tatsächlich während der ganzen ersten Klasse zur Schule begleitet habe. Für mittags hatten wir die Abmachung, dass er alleine nach Hause kommt und wenn es zu lange dauert, ich ihm entgegenfahre. So war ein Kompromiss gefunden, dass er seine Eigenständigkeit üben konnte, meine Sorgen nicht zu groß wurden, aber immer auch die Chance bestand, dass er dann doch stolz und glücklich vor der Tür stand, ohne dass ich mich auf den Weg gemacht hatte.
Eine Woche vor den Sommerferien war ich beruflich so eingespannt, dass wir den morgendlichen Ablauf komprimieren mussten. In einem Gespräch erklärte sich mein I-Männchen bereit, nun auch alleine den Hinweg zur Schule zu gehen. Wir achteten im Folgenden darauf, dass er wirklich rechtzeitig aus dem Haus kam – und es scheint geklappt zu haben, zumindest habe ich nie Beschwerden von Seiten der Schule zu hören bekommen. Nach den Sommerferien gab es dann gar keine Einwände: Wir wussten, dass er es schafft, und seitdem läuft es einwandfrei.
Doch bestimmte Befürchtungen lassen Eltern nie ganz los – die Zeitungen sind voll von schlimmen Nachrichten. Wie ich mit diesen Ängsten umgehe, erzähle ich euch im Januar, aber vorher berichte ich noch, wie wir ohne Auto unseren frisch geschlagenen Tannenbaum nach Hause bekommen – natürlich kinderleicht ;-)
Hier schreibt Patricia, VCDlerin aus Überzeugung:
Die Alternative „Auto aus der Garage holen“ gibt es für uns nicht. Seit September 2020 besitzen wir kein eigenes Auto mehr. Stattdessen bewältigen wir den Familienalltag mit unseren 5 Kindern im Stadtteil Misburg-Nord von Hannover zu Fuß, mit Fahrrad, Bus und Bahn und durchaus auch mal mit Leihwagen. Das geht ganz gut – wie gut, das schreibe ich an dieser Stelle anhand von Alltagssituationen.