Niedersachsen

2020

Vorschlag zur Einführung eines Ticketangebots für Senioren im VBN

Die Einführung einer Zeitkarte für Senioren zu den Preisen und Konditionen des Semestertickets könnte die Zahl der PKW’s in unseren Städten merklich reduzieren und trotzdem die Anzahl der am Tage durch diese flanierenden älteren Menschen vergrößern. Damit wäre dieses Ticket zugleich ein Beitrag zum Klimaschutz und eine Wirtschaftsförderung für den durch Amazon und Co. gebeutelten innerstädtischen Einzelhandel.

Deshalb ist dieser Vorschlag aus Sicht des VCD-Kreisverbandes Oldenburg zeitgemäß und wird hiermit zur Diskussion gestellt.

Vorschlag zur Einführung eines Ticketangebots für Senioren im Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (VBN) auf der Basis des Preises für das Semesterticket

Ein fehlendes passendes Zeitkartenangebot für Ruheständler hat folgende Nachteile:

  • Die für Berufspendler kalkulierte Monatskarte ist für Senioren ohne einen täglichen Arbeitsweg nicht mehr rentabel.
  • Das monatliche Einkommen sinkt mit dem Eintritt in den Ruhestand erheblich, vor jede einzelne Geldausgabe wird deshalb nach Alternativen gesucht. Für einzelne kurze Strecken scheint dann oft eine Fahrt mit dem Auto billiger zu sein als ÖPNV-Fahrscheine.
  • Mit zunehmenden körperlichen und geistigen Einschränkungen werden Senioren nur dann rechtzeitig ihr Auto ganz oder teilweise stehen lassen können, wenn sie die Benutzung von Bus und Bahn vorher geübt haben. Leider fahren derzeitig viele alte Menschen immer noch Auto, die eigentlich nicht mehr dazu in der Lage sind; zu diesem Zeitpunkt können sie auch die ÖPNV-Benutzung nicht mehr lernen.
  • Ein ständig wachsender Teil der Bevölkerung würde in der zum Klimaschutz erforderlichen Verkehrswende nicht mitgenommen werden können.

Ein an die Konditionen des Semestertickets für Studierende bietet sich aus folgenden Gründen an:

  • Mit diesem großzügigen Geltungsbereich könnte die körperliche und die räumliche Mobilität der Senioren gefördert werden.
  • Eine halbjährige Mindestlaufzeit (als Einmalzahlung oder über ein Abbo) wäre nachhaltig.
  • Die Übernahme des Preises vom Semesterticket (keine Ankopplung!) ist eine dynamische Lösung und gut öffentlich kommunizierbar. Da der Preis für das Semesterticket aber als ein Solidarpreis auf der Basis einer durchschnittlichen Benutzung aller Studierenden ausgehandelt wurde, dürfen die Senioren nicht in die alljährliche Ermittlung des Preises für das Semesterticket einbezogen (angekoppelt) werden.
  • Im gesamten Geltungsbereich könnten die Senioren dieses Ticket nach dem „Einfach Einsteigen“-Prinzip genutzt werden, auch unterwegs und spontan.
  • Nach dem einmaligen Erwerb wäre bei jeder nachfolgenden Entscheidung zwischen MIV und ÖPNV der Verzicht auf das Auto nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell vorteilhaft.
  • Übung im und Linienkenntnis vom ÖPNV wären vorhanden, wenn es später neben den ökologischen Gründen auch im Interesse der Verkehrssicherheit besser ist, das Auto stehen zu lassen.
  • Im ländlichen Raum könnte eine Benutzung von Autos auf den bekannten und sicheren Weg zur nächsten gut angebundenen Bushaltestelle oder dem nächstgelegenen Bahnhaltepunkt eingeschränkt werden.
  • Beim ÖPNV muss ein Vorhalten einer Struktur finanziert werden. Ein infolge dieses Angebots erhöhtes Fahrgastaufkommen von Senioren würde vorrangig in den weniger nachgefragten Zeiten außerhalb des Berufsverkehrs die Auslastung des ÖPNV erhöhen. Zusätzliche Fahrten wären nicht erforderlich.
  • Das mit diesem Ticket verbundene Angebot von Tagesausflügen zu unterschiedlichen Zielen im Geltungsbereich kann und wird die Entscheidung zu einem Kauf erleichtern.

Fazit

Die Einführung einer Zeitkarte für Senioren zu den Preisen und Konditionen des Semestertickets könnte die Zahl der PKW’s in unseren Städten merklich reduzieren und trotzdem die Anzahl der am Tage durch diese flanierenden älteren Menschen vergrößern. Damit wäre dieses Ticket zugleich ein Beitrag zum Klimaschutz und eine Wirtschaftsförderung für den durch Amazon und Co. gebeutelten innerstädtischen Einzelhandel.    

 

Preise (auf der Basis der Preise im Herbst 2019)

Für das aktuelle Wintersemester 2019/2020 und das nachfolgende Sommersemester 2020 kostet ein Semesterticket an den Universitäten und Hochschulen im VBN-Gebiet jeweils 229,45 Euro, also 448,90 Euro für ein Jahr. Damit können die dort Studierenden neben allen Bussen und Regionalbahnen in den Verkehrsverbünden Bremen/Niedersachsen und Ems-Jade sowie in den Landkreisen Emsland und Cloppenburg auch alle Nahverkehrszüge in ganz Niedersachsen für einen monatlichen Preis von 37,41 Euro benutzen.

Der Preis für die enthaltene Erweiterung auf den landesweiten Schienenregionalverkehr wird mit 81,92 Euro pro Semester für die Universitäten und Hochschulen im VBN-Gebiet angegeben. Wenn in einem ersten Einführungsschritt dieses Angebot für Senioren nur im Verbundgebiet gelten sollte, könnte dieser Betrag herausgerechnet werden. Das entspräche für ein Jahr einem Preis von 2 x (229,45 - 81,92) Euro = 295,06 Euro, somit monatlich 24,59 Euro für ein nur im VBN-Land geltendes Seniorenticket.

In beiden Varianten wäre solch ein Ticket für die Senioren bei monatlicher Zahlung im Abbo bereits günstiger als eine Tankfüllung für das Auto und so mit passender Werbung ein Anreiz zum Umsteigen.

Für den ersten Einführungsschritt im Rahmen einer eigenständigen VBN-Entscheidung (ohne die Erweiterung auf den landesweiten Schienenverkehr) wäre der monatliche Preis von 24,59 Euro für das VBN-Land sogar günstiger als der Preis für ein 10-Fahrten-Ticket innerhalb von Bremen (im Jahr 2019 bei 25,50€). Es wäre fast genau der Preis von drei 4-Fahrten-Tickets innerhalb von Oldenburg (im Jahr 2019 sind das 3 x 8,20€). Für Senioren in den an beide Städte unmittelbar angrenzenden Gemeinden bzw. Tarifzonen wäre es auch der Preis von vier Hin- und Rückfahrten in diese Zentren auf der Basis von 4-er Tickets der Preisstufe B (im Jahr 2019 sind das 2 x 12,40€).

Die Einführung einer Zeitkarte für Senioren auf der Basis der Preise des aktuellen Semestertickets wäre damit ein guter finanzieller Anreiz für eine autofreie (bzw. autoreduzierte) Mobilisierung von Senioren. Es wäre ein wirksamer Beitrag, um an den Werktagen mehr Menschen und zugleich weniger Autos in unseren Stadtzentren zu erleben, eine Kombination von Klimaschutz und Wirtschaftsförderung.

Vergleich mit bestehenden Angeboten in anderen Verkehrsverbünden:

Aktuell scheint der VBN aktuell fast der einzige deutsche Verkehrsverbund ohne ein allgemein geltendes passendes Sonderangebot für Senioren zu sein.

Die meisten Angebote von Senioren-Zeitkarten sind aber nur auf weniger als 50% gegenüber dem Normalpreis für Berufspendler ermäßigt und außerdem auf Tarifzonen eingeschränkt. Damit kann zwar ein Teil der Stadtbewohner als Abo-Kunde gehalten werden, für eine Gewinnung von Ruheständlern als neue Abo-Kunden sind solche Angebote offensichtlich ungeeignet.

Es gibt aber neue und bessere Ansätze, welche mit dem vorgeschlagenen Angebot vergleichbar sind.

Im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) gibt es zwei Angebote:

Der Tarif „VBB-Abo 65plus“ gilt für das gesamte VBB-Verbundnetz und kostet im monatlichen Abo 51€ bzw. 593€ bei einmaliger jährlicher Zahlung. Es ist damit 35% billiger als die auf das Berliner Stadtgebiet beschränkte normale Zeitkarte für Berufstätige.
Der Tarif „VBB-Abo 65 vorOrt“ ist in den Brandenburger Oberzentren Brandenburg a.d.H., Frankfurt (Oder) und Cottbus für 10 monatliche Zahlungen von je 34€ ein Jahr lang verfügbar und beinhaltet (analog des aktuellen und nur wenig verbilligten Angebotes in Delmenhorst) nur das jeweilige Stadtgebiet.
Beide Tarife wurden in den ersten Jahren noch mit zeitlichen Beschränkungen eingeführt, welche aktuell aber nicht mehr gelten.

Die Semestertickets sind aber dort aktuell noch preisgünstiger. In Berlin kosten diese 193,80€ (somit 32,30€ pro Monat), sie gelten jedoch nur in Berlin und dem Umland. Studierende im Land Brandenburg hingegen können im gesamten Verkehrsverbund das Ticket nutzen und zahlen z.B. in Potsdam 180,06€ (somit 30,01€ pro Monat) und in Cottbus 164,80€ (somit 27,47€ pro Monat).

Im Bundesland Hessen wird ab 2020 das landesweit gültige Schüler-/Azubi-Ticket für jährlich 365 Euro auf Senioren ab 65 erweitert, allerdings mit einem Ausschluss von Fahrten im vor 9 Uhr an Werktagen. Für eine Verdoppelung dieses Preises entfällt diese Einschränkung und abends sowie an arbeitsfreien Tagen gilt dann eine zusätzliche Mitnahmeregelung. Dieses neue Seniorenticket für 365-Euro ist sogar preisgünstiger als ein Semesterticket an der Universität Frankfurt a.M., welches aktuell 219,36€ (somit 36,56€ pro Monat) kostet.

Deshalb ist dieser Vorschlag aus Sicht des VCD-Kreisverbandes Oldenburg zeitgemäß und wird hiermit zur Diskussion gestellt.

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