Niedersachsen

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Bahn soll Farbe bekennen

Bereits vor 30 Jahren (!) hat sie es getan. Wie in der Januar-Ausgabe 1993 der „Eisenbahntechnischen Rundschau“ (S. 3, Tafel 1, rechte Spalte) zitiert, ist die heute als Alpha-E bezeichnete dreigleisige Ausbauvariante aus der Diskussion des damaligen Bundesverkehrs-Wegeplans ausgeschieden, weil durch ihre Realisierung nur unzureichende Verkehrsmengen von der Straße auf die Schiene verlagert würden.

Es überrascht, wie 22 Jahre später der nicht lebensfähigen Mumie eine Auferstehung beschieden sein konnte. Haben sich die Voraussetzungen in der Zwischenzeit geändert? Nein! Im Minderheitsvotum des Dialogforums wurde der Alpha-E-Variante wie zuvor mangelndes Streckenleistungsvermögen mit Maß und Zahl nachgewiesen, später bestätigt durch weitere Untersuchungen. Das gegenteilige Votum der Mehrheit des Dialogforums ist wertlos, weil es in allein verbaler Form ohne Untermauerung durch Maß und Zahl für technisch-physikalische Zusammenhänge keine Aussagekraft besitzt. Dennoch Entscheidungen auf einer derartigen Basis zu fällen, zeugt von einer Diskussionskultur, die in Mitteleuropa bislang nicht üblich war. Das Votum des Dialogforums ist rational nicht nachvollziehbar und damit nicht haltbar.

Der Staat verfolgt in der Bundesverkehrs-Wegeplanung das Ziel, Verkehr von der Straße auf die ökologisch und hinsichtlich des Allgemeinwohls wesentlich günstigere Schiene zu verlagern. Diese Verlagerungsmenge ist keine konstante Größe, sondern wird von Umfang und Qualität des Infrastrukturausbaus beeinflusst. An diesen Zusammenhängen war das Dialogforum nicht interessiert, sie sind aber von erheblicher Bedeutung. Zwei Beispiele: Das Kapazitätsdefizit der Alpha-E-Varinte verhindert bis zu 100 mögliche Güterzüge je Tag, deren Verkehrsmenge auf dem (auch elektrisch) „energiefressenden“ Lkw verbleibt. Wird die ICE-Fahrzeit Hamburg – Hannover um 20 Minuten vermindert, verzichten nahezu eine Million Reisende pro Jahr auf die Nutzung von Pkw sowie Luftfahrt und wechseln auf die Schiene.

Da die genannten grundlegenden Zusammenhänge im Dialogforum nur unzureichend angesprochen worden sind, ist das Votum dieses demokratisch nicht legitimierten Gremiums eine Fehlentscheidung. Es wäre verantwortungslos, die zukünftige Gestaltung des norddeutschen Eisenbahnnetzes auf dieser dilettantischen Entscheidung aufzubauen. Diese Sachlage veranlasst jeden Planungs-Ingenieur, auch ohne speziellen Auftrag sinnvollere Alternativen zu prüfen.

Leserbrief  zu Berichten der „Allgemeinen Zeitung“ (Uelzen) vom 06. Januar 2023  „Bahn soll Farbe bekennen“  sowie vom 11. Januar 2023 „Hat sich die Bahn selbst beauftragt?“ von Rudolf Breimeier, Bad Bevensen.

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